Eröffnung der Ausstellung „13 Führerscheine – dreizehn jüdische Schicksale“


 

80 Jahre lang lagen die blass-grauen, von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Führerscheine unbeachtet in einem Aktenordner im Lichtenfelser Landratsamt. 2017 begaben sich Schülerinnen und Schüler des Meranier Gymnasiums auf eine spannende Spurensuche. Das Resultat: Eine preisgekrönte Ausstellung, die international mediale Beachtung gefunden hat. Sie wird zur Zeit ins Englische übersetzt und geht dann nach Amerika und Argentinien.

Als das P-Seminar Geschichte des Meranier Gymnasiums Lichtenfels unter der Leitung von Studiendirektor Manfred Brösamle-Lambrecht mit dem Projekt begann, wussten weder Schüler/innen noch ihr Lehrer, worauf sie sich da einlassen würden.  Im Zuge der anstehenden Digitalisierung hatte man im Februar 2017 im Keller des Landratsamtes Lichtenfels einen alten Umschlag gefunden, der dreizehn konfiszierte Führerscheine enthielt, die man jüdischstämmigen fränkischen Mitbürgern nach der Pogromnacht 1938 abgenommen hatte. Kurzerhand entschloss Landrat Christian Meißner, dass die Biographien dieser dreizehn Menschen von den Schülerinnen und Schülern des hiesigen Gymnasiums aufgearbeitet werden sollten. „Ich dachte, dass wir das Schicksal der einzelnen Führerscheinbesitzer rekonstruieren und ihr Leben dann einfach auf einem großen Plakat festhalten“, erinnert sich eine ehemalige Abiturientin, die mit drei weiteren Teilnehmern des P-Seminars nach Röthenbach ans GSG gekommen war, um den Neuntklässlern ihr vielbeachtetes Projekt vorzustellen. Dass daraus weit mehr werden sollte, damit hatte zunächst niemand gerechnet. Die anfängliche Google-Suche avancierte zur aufwändigen Forschungsarbeit in Datenbanken und internationalen Archiven. Die noch lebenden Verwandten wurden über Facebook und per E-Mails kontaktiert und es konnte sogar noch eine Zeitzeugin interviewt werden.

Fünf Menschen wurden ermordet, acht gelang die Flucht

Eine Oberstufenschülerin hatte das Leben von Leo Banemann nachverfolgt, der im April 1939 mit einem der letzten Schiffe nach Kuba und von dort zu seiner Schwester in die USA fliehen konnte. Bei „find a grave“, einer Onlinedatenbank für Friedhöfe und Grabstätten, stieß sie auf sein Grab, er verstarb im Oktober 1963 in Baltimore. Andere Recherchen führten nach Buenos Aires. Dort konnte die Enkelin von Jenny Kraus ausfindig gemacht werden, die ebenfalls alle Hebel in Bewegung setzte, um an der bewegenden Ausstellungseröffnung in Lichtenfels teilzunehmen, in der den Nachfahren die Führerscheine ihrer Familienangehörigen überreicht wurden. Andere Nachkommen wurden in Israel gefunden. Doch nicht allen Führerscheinbesitzern gelang die Flucht. Fünf jüdische Bürgerinnen und Bürger wurden von den Nazis nicht nur diskriminiert und schikaniert, sondern auch ermordet. Zwei davon waren Alfred Oppenheimer und Leo Wolf aus dem Landkreis Lichtenfels, der vermutlich im Vernichtungslager Sobibor umgebracht wurde, nachdem er im April 1942 deportiert worden war.

 „Jetzt hatten wir Namen“

 „Alle wissen, dass Juden in den Konzentrationslagern ermordet wurden, aber jetzt hatten wir Namen. Das waren dann der Alfred, der Leo oder die Anni, die getötet wurden., meinte eine Abiturientin des P-Seminars. 14 Tage lang hatten auch die Schülerinnen und Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Gelegenheit wertvolle Erinnerungsarbeit zu leisten. Mit den millionenfach Verfolgten, Entrechteten und Ermordeten verbinden nun auch die Röthenbacher Scholl-Schüler ein Gesicht.